Noch während ich Geschichte und Philosophie an der LMU Geschichte studiert habe, sind Robin und meine Wenigkeit auf die Idee gekommen, ein Portal ins Leben zu rufen, was sich um Geschichte lernen im Internet dreht: www.geschichte-lernen.net. Ich habe dort bisher nur einen Beitrag verfasst, dafür schreibt Robin, der das Portal betreibt, deutlich mehr.
Macht Geschichte lernen heutzutage überhaupt noch Sinn? Was kann man mit einem Geschichtsstudium denn bitteschön genau anfangen? Ist das nicht brotlose Kunst? Diese und weitere Fragen habe ich mir über die Jahre hinweg oft anhören müssen, und ich bin der Meinung, dass es genau das Richtige für mich war – auch wenn ich teilweise wirklich Schwierigkeiten hatte, mich zu motivieren. Aber so geht es vermutlich jedem Studenten irgendwann einmal.
Ich kann jedenfalls behaupten, dass mir mein Geschichtsstudium heute sehr dabei hilft, als Online Marketer erfolgreich zu sein. Seit etwa drei Jahren habe ich mein Internetunternehmen schon – anfangs noch als Kleinunternehmen, aber seit meiner Exmatrikulation als Vollzeit- und Vollblutunternehmer.
Es ist vor allem die Recherchefähigkeit, die auch bei der Erstellung von Webseiten im Internet ungemein hilfreich ist. Dabei lernt man das richtige Recherchieren nicht nur in der Geschichtswissenschaft, sondern auch in anderen geisteswisschenschaftlichen Studiengängen. Ich habe übrigens noch in einige weitere Studiengänge hineingeschnuppert, was ja annodazumal als Magisterstudent noch möglich war.
Unter anderem waren neben meinen beiden Nebenfächern Geschichtliche Hilfswissenschaften und Philosophie noch neuere deutsche Literatur (NdL), Komparatistik (also allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft), Europäische Ethnologie, Psychologie, Informatik und sogar VWL und BWL dabei. Das ist jetzt nicht gelogen! In all diesen Fächern hatte ich Kurse belegt oder zumindest eine Vorlesung besucht. Eine Sammlung mit Referaten findet sich im Übrigen hier.
Und letztlich sind die Schnittmengen mit der Geschichte bzw. mit Methoden in der Geschichtswissenschaft bei all diesen Fächern irgendwie gegeben. Ich kann da wirklich aus Erfahrung reden, weil ich deutlich länger immatrikuliert war als viele andere Studenten – und ich habe es genossen. Sicherlich war auch das ein oder andere Jahr dabei, in welchem ich nicht wirklich studiert habe, sondern etwa in einem Nachtclub in München gearbeitet oder bis frühmorgens gepokert habe – aber das ist jetzt ein anderes Thema.
Meine Lieblingsthemen in meinem Hauptfach waren u.a. die Geschichte der Aufklärung (und die Kritik der Aufklärung), worüber ich mich dann auch in der Magisterprüfung ausfragen ließ, die Geschichtstheorie, die Weimarer Republik, die europäische Expansion, Globalisierungs- und Globalgeschichte, die Karolinger oder auch die Urkundenlehre (Diplomatik).
Ich hatte auch Themen, die mich weniger interessierten wie die Zeit des Nationalsozialismus (womit man während der Schulzeit schon ausreichend „beglückt“ wird) oder auch die deutsche Geschichte im 18. Jahrhundert. Es war überhaupt so, dass ich eher weg von einer nationalen, deutschen Geschichte wollte und eher hin zu einer transnationalen, grenzüberschreitenden Geschichte.
Dabei hat es die Geschichte als Studienfach aber eben mal so an sich, dass zunächst einmal von der eigenen Geschichte ausgegangen wird – in meinem Fall also von der deutschen. In England sind es dann die Queen Elizabeth und die „Glorious Revolution“, mit der man sich herumschlagen muss, in Frankreich dann evtl. Louis XIV. etc, und auf den Philippinen sieht das Ganze dann noch einmal ganz anders aus.
Meine Abschlussarbeit hat sich dann auch mit um die philippinische Geschichte gedreht, und im Laufe meiner Forschungsarbeiten habe ich dann erst einmal festgestellt wie anders unser Studium abläuft als es vielleicht in südostasiatischen Ländern der Fall ist. Die Forschungslage ist nicht vergleichbar, und die institutionellen Einrichtungen sind bei Weitem nicht so gut ausgestattet wie es etwa in München mit den vielen Bibliotheken der Fall ist.
Überhaupt: wer in München ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert, der darf sich glücklich schätzen. Es gibt kaum eine andere Stadt weltweit mit einer solch hohen „Bücherdichte“. In unmittelbarer Reichweite befinden sich z.B. die Bayerische Staatsbibliothek, die UB München, die Bibliotheken der Germanistik, Amerikanistik, Romanistik, Ethnologie, dann die Bibliotheken am GSI im englischen Garten, Leo 13 (der „Schweinchenbau“) und einige mehr.
Hier lässt es sich wirklich trefflich studieren! Doch das weiß man als Student vor Ort dann meistens nicht ganz so recht zu schätzen. Das Projekt www.geschichte-lernen.net soll auf jeden Fall auch noch eine digitale Ergänzung darstellen und vielleicht einfach auch mehr Lust auf das Fach machen. Es gab ja Zeiten (und das ist noch gar nicht allzu lange her), da war es quasi verpönt, wenn man als Historiker das Internet als „Quelle“ herangezogen hat.
Auch heute kenne ich noch mindestens einen Professor persönlich, der mit dem Internet als Medium an sich überhaupt nichts anfangen kann – tja, die Geschichte ist halt irgendwo auch ein recht „konservatives“ Feld. Doch die meisten Historiker haben die Zeichen der Zeit erkannt und nutzen das Internet für geschichtliche Belange.
Vor einigen Jahren wäre es z.B. nicht möglich gewesen, gewisse international übergreifende Geschichtsthemen zu bearbeiten, da das Quellenmaterial tausende Kilometer entfernt archichiviert vor sich hinschlummerte. Doch durch diverse Datenbanken im Internet sind Bücher, Aufsätze und weitere Arbeiten mit wenigen Mausklicks von überrall aus erreichbar! Das ist revolutionär! Dadurch werden nicht nur viele Kosten gespart, sondern dadurch rückt die ganze Forschergemeinde deutlich näher zusammen.
Was wäre die Menschheit ohne Wikipedia? Auch Historiker, egal ob Professor, HiWi oder Student, greifen auf diese Online-Lexikon häufig zurück, da gehe ich jede Wette ein!
Geld verdienen mit Geschichte
Abschließend noch kurz etwas zu der Frage, für welchen Beruf Geschichte als Studium Sinn macht? Ich behaupte, dass Historikern so viele Türen offenstehen wie vielleicht nie zuvor. Warum das so ist? Weil das Internet mittlerweile das wichtigste Medium der Menschen ist und Historiker maßgeblich dazu beitragen, dass dieses Medium noch informativer und hilfreicher wird – und auch hier spreche ich aus Erfahrung.
Mittlerweile treibe ich mich mehr als fünf Jahre als Online Marketer bzw. SEO im Internet herum und muss sagen, dass die Qualität der Inhalte im Schnitt deutlich besser geworden ist. Das hängt u.a. auch damit zusammen, dass Google strenger gegen SPAM vorgeht. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass es für Menschen, die gut recherchieren und schreiben können, sehr viele Chancen gibt.
Gute Webseiten brauchen gute Inhalte, und ich stelle momentan fest, dass die „schreibende Zunft“ – und damit sind auch Historiker gemeint – insgesamt von den neuesten Entwicklungen auf´m Internet stark profitiert. Und das ist doch eine schöne Entwicklung.
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