Als Student der Geschichte befasse ich mich auch gerne mit den theoretischen Grundlagen zur sogenannten Geschichtswissenschaft. Mit einem multikulturellen Hintergrund gehen meine Vorlieben auch über die Nationalgeschichte hinweg über zu vermeintlich moderneren Ansätzen. Traditionell ist die Geschichte als Schul- und Studienfach in westlichen Breitengraden sehr national ausgerichtet; ob das noch zeitgemäß ist, sei einmal dahingestellt. Doch konstatieren lässt sich, dass es auch andere Zugänge gibt, die eher „globaler Natur“ sind.
Doch das Feld der Globalgeschichte ist weit, und die Abgrenzungen zur Globalisierungsgeschichte, Weltgeschichte, transnationalen Geschichte und weiteren Formen verlaufen eher unscharf. Gemeinsam ist diesen Ansätzen jedoch, dass sie über den Nationalstaat als Geschichtsraum hinweg kommen möchten und bisweilen auch die eurozentrische Sichtweise in der geschichtswissenschaftlichen Disziplin in Frage stellen möchten.
Einer der großen Vertreter einer Weltgeschichtsschreibung war der Geschichtsphilosoph und Kulturtheoretiker Arnold J. Toynbee, der mit „A Study of History (Der Gang der Weltgeschichte, 1934-1961)“ ein einschlägiges, zwölfbändiges Werk hinterlassen hat.
Dem britischen Historiker wurde in seinen Ausführungen vorgeworfen, dass er etwa seinem Heimatland viel zu geringe Aufmerksamkeit angedeihen ließ; eine europazentrierte Perspektive kann Toynbee also wahrlich nicht nachgesagt werden (1). Doch die Anfänge einer Geschichtsschreibung, die die ganze Welt in den Blick nimmt, fangen nicht erst in der neuesten Zeit an, sondern gehen mindestens zurück zu den alten Griechen wie Herodot und Polybios.
Weltgeschichtliche Ansätze stehen in einer langen Tradition und werden durch die generelle Globalisierung und vor allem durch das Zusammenwachsen durch modernste Informationstechnologien (wie zum Beispiel das Internet) gerfördert und beschleunigt.
Als Europäer ist es nun interessant, der Frage nachzugehen, ob es auch tragfähige Erklärungsversuche gibt, die eine Alternative zu den großen Erzählungen und Weltsystemtheorien darstellen. Muss man die Entwicklungen seit dem 15. Jahrhundert zwangsläufig mit einer europazentrierten Kolonialgeschichte verbinden? Ist Europa tatsächlich so dominant oder stellt der Aufstieg und die anschließende Vormachtstellung Großbritanniens im 18. Jahrhundert eher eine Diskontinuität in einer Welt dar, die vor allem von großen Ländern wie Indien und vor allem auch China maßgeblich beeinflusst wurde und wird?
In künftigen Beiträgen werde ich hier versuchen, etwas detaillierter auf die Thematik einzugehen – auch und nicht zuletzt, um mir die verschiedenen Spielarten dieser Welt- und Globalgeschichten genauer zu vergegenwärtigen. Wie immer bin ich über Anregungen und konstruktive Kommentare sehr dankbar!
Literatur:
(1) Sebastian Conrad, Andreas Eckert, Ulrike Freitag (Hg.): Globalgeschichte. Theorien, Ansätze, Themen*, Frankfurt am Main 2007.
(2) Hanna Schissler: Weltgeschichte als Geschichte der sich globalisierenden Welt [bpb.de, Stand: 23.07.11]